Silverrudder - Fastest Mini Class Rookie 2023

22. September 2023
Kategorie: 
Sport

Mit einer Fahrtzeit von 25:19:41 Std. wurde Rocky 2. in der Mini Class und wurde zudem als schnellster neuer Teilnehmer (Fastest Mini Class Rookie 2023) des Jahres ausgezeichnet!
„Silverrudder - Challenge of the Sea“ aus Rockys Perspektive:

Also, die Regatta nochmal in Stichpunkten:
Verhaltener Start; man kann bei solchen Regatten am Start eigentlich nicht gewinnen, sondern nur verlieren.
Dann aus dem kleinen Sund rausgekreuzt - weder Echolot noch einen Plotter. Das war echt belastend. Nach links abgebogen und bewusst Zweiter geblieben, weil ich den Weg nicht kannte und im Kielwasser des Ersten geblieben. Da haben die anderen schon ihre Gewichte nach Luv gebracht, ich habe nur geträumt.
Dann bin ich etwa an dem Punkt, wo der mir enteilte Erste abgefallen ist, auch um 90 Grad abgefallen. Ich wollte erst die Taschen am Spinnakerbaum rauswuchten, bevor ich den Gennaker setze, dabei ist das Boot dann aber auch instabil. Ich rutsche ab und - zack! - hängen 75 kg am Trapezdraht in der Fock in Lee. Chaos und viel Kraft und Arbeit, um alles zu klarieren, dann aber los! Der Erste war mir da schon fast enteilt. Ein wirklich guter Segler, der alles, was er tut, mit einem Plan macht, der sein Boot beherrscht und wohl auch getunt hat; er hat sich damit wohl mehrfach gegen deutlich schnellere Boote durchgesetzt.
Als alles steht, entspannte Fahrt, aber Wind wie auf dem Wannsee. 15-Grad-Dreher und sehr unterschiedlich in der Stärke. Bei der Beltbrücke dachte ich mir, einfach leicht rechts von den anderen bleiben, die Höhe der Brückenbogen nimmt nach Osten zu, bei 5 m am landesnächsten passt keiner durch
Dann abfallen und vor dem Wind, der auffrischt und mir klar macht: auf dem Schlag nach Westen keinen Gennaker, besser nur den Code Zero. Ich fahre links, also landseitig an der Insel vorbei, erhoffe mir mehr Strom und eine Winddüse. Plan geht auf und der Erste ist wieder in Schlagdistanz.
Ich will den Code mal vorbereiten und lasse die Selbststeuerung mal ran. Dann ist irgendwie was aus dem Ruder gelaufen, eine Patenthalse konnte ich vermeiden, aber der Gennaker hat einen weiteren Riss bekommen und ich dacht': „Mach’s weg, der zerreißt sonst.“ Wir hatten 22 kn Wind - hatte ich so nicht bemerkt, sondern mich nur über Geschwindigkeiten bis zu 14,5 Knoten gefreut. Dann hat es mich hingehauen, ich habe die Reste des Gennakers zusammengesammelt, mich fett geärgert, meinen angebrochenen Ausleger geschient und den Code für die nächste Richtung angeschlagen. Anschluss wieder verloren, sonst war aber auch noch niemand da.
Relativ entspannt mit dem Code bei abnehmendem Wind im Norden an der Insel vorbei. Als man 30 Grad anluven konnte, Code geborgen und dann bei Dämmerung oben in diese Verschlingung am kleinen Belt. Ich konnte den Ersten noch sehen und die ersten beiden der etwas größeren Gruppe hatten mich gerade überholt. Einer war ein Ungar mit einem Cantingkiel unter einem Vollcarbonschiff. Die sind hier zum Teil verrückt - nein, sie spinnen alle, jeder eben auf seine Weise.
Dann wurde es ziemlich dunkel, überall Lichter und ich wusste eigentlich gar nicht wo lang. Leichter Wind und viel Gegenstrom ließen mich meinen Gennaker schmerzlich vermissen und das Chaos der schnellen Manöver meine Auslegerverlängerung komplett abbrechen. Aber egal, irgendwann war ich da durch. Anschluss komplett verloren, aber zwei Gegner direkt um mich herum. Ich wieder Gewichtstaschen geschleppt, es wurde mehr Wind. Kraft ließ nach, nur noch 50 kg am Baum, den Rest auf dem Tank, hoch am Wind auf Steuerbord.
Ging ein paar Stunden gut, dann musste ich zwischen zwei Inseln 'nen Querschlag machen. Gewichte abgebaut und mir richtig einen ausgebastelt. Als ich dann wieder los bin, habe ich auf den Spinnakerbaum verzichtet und die vier Taschen an der Luvwante gestapelt. Da ich fast die ganze Zeit im Trapez stand, musste ich mit meinen Kräften haushalten. Außerdem war ich die ganze Zeit auf einem Kurs, denn ich konnte ja nicht von Hand gut steuern, sondern musste für jeden Kurswechsel rein, nach hinten gehen, und - piep piep piep - Knöpfchen drücken. Hier habe ich im Trapez auch kurz mal geschlafen.
Ansonsten war es wirklich toll, da war der klare Himmel ohne Mond und mit den Sternen - ich liebe es, nachts zu segeln! Ich habe auf dem iPad entschieden, rechtsherum um die Insel zu segeln. Dafür sprach: weniger Manöver und eine von mir zum Sonnenaufgang erwartete Rechtsdrehung. Dagegen: mehr Welle, der Anlieger ist schwer zu treffen und ich trenne mich von meinen hinter mir liegenden Gegnern.
Es war 'ne Superentscheidung! Im Sonnenaufgang komme ich da in den Fjord und sehe meinen Bruder, der mich in dem Wirrwarr am Anfang des kleinen Belts überholt und dann abgehängt hatte. Ich dachte davor irgendwie, wenn man da reinfährt, dann bist du gleich da. So war es nicht. Ich bin dann da noch 4 oder 5 Stunden bei Schiebestrom aufgekreuzt, habe noch Taschen bewegt und war echt am Ende. Besonders als einer von hinten kam und mir meinen zweiten Platz wegnehmen wollte, war ich echt genervt, weil ich mit der Selbststeuerung immer wieder in solche Inseln aus Seetang gefahren bin, aus denen man sich nur mit Rückwärtsfahren befreien kann. Ach, hätte ich gerne einen Ausleger gehabt, dann hätte ich den bestimmt halten können, der immer näher kam - musste ich nicht, der war aus einer anderen Gruppe, meine Gegner waren einige Meilen hinter mir, aber ich war eben etwas übermüdet. Um so geiler war es, dann ins Ziel zu kommen und bei dem Strom nicht noch auf einer Sandbank oder am Bug einer Fähre zu verenden.

Rolf „Rocky" Schmidt

 

Alle Ergebnisse: auf der Website des Veranstalters.
Die Siegerehrung: auf www.facebook.com/silverrudder/videos (ab Minute 42:33 und 1:13:05)
Die offizielle filmische Zusammenfassung: auf YouTube.
Und in der einschlägigen Presse: Yacht & Segelreporter